4. ADVENT

Evangelium nach Matthäus (1,18-24).

 

"Geh mit Gott!", "Pfüät di Gott!", "Gott befohlen!" Wir kennen diese alten Grußworte noch. Sogar das "Tschüss!" stammt von "Adieu" - "Adschö", von "A diós!" Wer es ernst meint mit diesen Worten, der wünscht dem anderen Gott an seiner Seite. Der spricht im Grunde einen Segen aus: "Gott mit dir!" Was kann man einem Menschen Besseres wünschen, als dass Gott mit ihm ist!?

Und genau das ist die Glaubensbotschaft der heutigen biblischen Lesungen. Der Evangelist Matthäus kleidet diese Glaubensbotschaft in eine Geschichte ein, ganz im Stil der damaligen Zeit. Er will uns die Bedeutung eines Kindes deutlich machen, besser, eines Mannes, der aus diesem Kind werden wird. Und die Bedeutung ist sehr groß. Deswegen macht er es, wie man es mit den großen, ganz wichtigen Königen und Kaisern machte.

In den Hochkulturen des Orients und auch der Antike gibt es Mythen, die davon erzählen, dass der jeweilige Herrscher als Gott oder Gottessohn galt. In Babylonien wurde der Herrscher als Same eines Gottes von einer Göttin geboren. Der ägyptische Gott Amun-Re kündigt der noch jungfräulichen Königsgattin den Thronerben an, wohnt ihr später in Gestalt des Pharaos bei und zeugt mit ihr dessen Sohn und wird als Sohn des Himmels erkannt. In diesen Mythen wird verdeutlicht: Der Geist des Höchsten, die Göttlichkeit ist der Ursprung für diesen Herrscher.

In diesen Erzählungen spielt auch oft der Traum eine große Rolle. Traumoffenbarungen sind der antiken Vorstellungswelt nicht außergewöhnlich. Von solchen Träumen berichtet die Bibel an 60 Stellen, z.B.:

- Der Traum Jakobs von der Himmelsleiter, auf der Engel Gottes auf- und niedersteigen und ihm so eine göttliche Botschaft vermitteln. Jakob ist auf der Flucht und hat Angst vor seinem Bruder Esau. Aber der Traum zeigt ihm, dass Gott bei ihm ist und ihn segnet.

- Eine wichtige Rolle spielen die Träume in der Erzählung vom ägyptischen Joseph und seinen Brüdern im Buch Genesis. Zuerst träumt Joseph selbst, dann deutet er die Träume des Pharaos.

Indem Engel im Traum eingebunden sind, wird unterstrichen, dass es um ein himmlisches Geschehen geht. Das ist in der jüdischen Tradition weit verbreitet.

Gerade durch solche darstellenden Erzählungen wird zum Ausdruck gebracht, dass dieses Kind nicht mit irdischen, menschlichen Maßstäben zu verstehen ist. In diesem Menschenkind ist Gott gegenwärtig. In ihm geht eine andere Wirklichkeit auf als jene, die sich vordergründig auftut. Die Jungfrauengeburt will den göttlichen Charakter des Kindes verdeutlichen, der in seinem Leben immer wieder bekannt wird: Bei der Taufe im Jordan, wird Jesus als ‘geliebter Sohn’ vorgestellt; Petrus nennt Jesus „Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt. 16,16).

Auch die heutige Erzählung ist eine Erklärung des Geheimnisses der Persönlichkeit Jesu. Im Traum sagt Gott Josef zu, dass das Kind ein Gotteskind ist, ein Immanuel, ein „Gott-mit-uns“ ist. Gott will durch dieses Kind verstanden wissen, dass ER an der Seite der Menschen ist. Und tatsächlich, später wird in Jesus ganz deutlich, dass Gott geheilt und getröstet, den Armen und Witwen ihr Recht gegeben hat. Er richtet Menschen auf, holt in die Gesellschaft, die am Rande standen. Er teilt mit denen, die niemand an ihren Tisch ließ, er ruft Menschen in seine Nähe, unabhängig von Rang, Namen, Leistung oder Begabung. In Jesus wird deutlich: Gott ist mit uns.

Das Weihnachtsfest, das vor der Türe steht, will uns das wieder in Erinnerung rufen. Gott ist mit uns, mit jedem von uns, ob er im Krankenhaus, in der Reha, im Altersheim oder ganz einsam in seiner Wohnung sitzt. Gott ist mit unserer Familie, mit den Kindern, um die wir uns sorgen, mit den Freunden, die Existenzängste haben. Gott ist mit uns. Das hat Jesus deutlich gemacht. Und deswegen werden wir Weihnachten feiern.

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